Vorübergehende Bilder, bleibend / Jens Peter Koerver / 2007 / vollständiger Text als PDF

«... Fast alle hier versammelten Fotografien sind Gelegenheitsbilder, zeigen gefundene Situationen, von der Wirklichkeit geschenkte, apparativ festgehaltene Augenblicke. Gesehen mit einem Blick zur Seite richtet sich ihre verrückte, abgelenkte Aufmerksamkeit auf Nebenschauplätzen des Realen, achtlose Areale: Orte, Teile von Räumen, einzelne Gegenstände dort, Kleinkram und Reste. Menschenleer sind alle diese Aufnahmen aber alles in ihnen kündet von Menschen, ihrem tagtäglichen Hantieren, ihren Wünschen und Bemühungen, der Seltsamkeit unserer Dinge.

Die Fotografien erklären nichts, sie deuten jedoch an, woraus (unter anderem) sich die Bilderwelt Esther Fritz’ speist (der Fluss ist etwas anderes als die Summe der in ihn mündenden Bäche), wovon sie (unter anderem) auch handelt. Zu ahnen sind Interessen, Themen, augenfällig werden einzelne Motive und Strukturen (die Ornamente, Muster und Verzierungen, die Anordnungen des Ähnlichen und Gleichen). Die Kenntnis der Fotografien akzentuiert eine Lesart (Asiatisches, Formen des Spirituellen) und konterkarieren sie, vielleicht mit derselben Fotografie, durch andere, unerwartete Aspekte (das Komische resultierend aus der Reibung und, oder Verschmelzung zwischen dem Heiligen und Alltäglichen, zugleich einhergehend mit berührender Würde und diskreter, unvermuteter Schönheit). In anderen Bildern erscheint beiläufig Groteskes als Resultat von Zufall und Gebrauch (manchmal reicht ein Blick nach oben oder die monumentalisierende Isolation einiger schneeweißer himbeerbekrönter Gebäckstücke).

Darüber hinaus zeugen alle Aufnahmen von einem fortwährenden, begeisterten Staunen über die Farbigkeit der sichtbaren Dinge der Welt, die ihre Entsprechung in der wörtlich zu nehmenden Farbenfreude der Malereien, ihren eigenwilligen Farbklangfindungen, Farbzusammenstößen, ihrem Nuancengenuss hat. Und schließlich weisen sie darauf hin, wie stark die Malerei von Esther Fritz von Wirklichkeitserfahrungen vielfältiger Art grundiert ist, zeigen, dass diese vermeintlich weltentrückten Malereien ihren Sitz im Leben haben, Realität (wirklich ist, was wirkt) aufnehmen. ...weiterlesen »