Vorübergehende Bilder, bleibend / Jens Peter Koerver / 2007 / vollständiger Text als PDF

«... Esther Fritz’ Malereien sind schwer auf einen Begriff zu bringen, kaum einzuordnen, wenn dergleichen überhaupt notwendig ist. Der Versuch sie zu beschreiben, Typisches, sie Verbindendes zu benennen, summarisch über sie zu sprechen oder zu schreiben kommt nicht ohne sowohl – als auch aus, möglich ist vieles, Ausnahmen bestätigen nicht unbedingt irgendeine Regel. Gleichwohl sind alle ihre Bilder sichtbar miteinander verwandt, mal enger mal entfernter, es gibt vielfältige Familienähnlichkeiten (verschwisterte Motive, vergleichbare Farbklänge) variierte und entwickelte Gemeinsamkeiten, was allein stehende Malereien, für das Ganze wichtige Sonderlinge und Eigenbrödler mit einschließt.

Was sie alle verbindet ist eine bestimmte Art der Malerei, wie die ganze Arbeit von Esther Fritz eine genuin malerische ist, eine eigene Handschrift, die wesentlich vom Fluss der Farbe, einer geschmeidigen Formbarkeit des Farbmaterials bestimmt ist. Sichtbar aus der Bewegung erwachsen die Bilder, organisch, gerundet, geschwungen und selbst noch in den eher seltenen strengen Senkrechten oder Waagerechten, begrenzten Feldern und Flächen teilt sich ihr Entstehen aus der Malhandlung mit, nie expressiv, nie gestisch, vielmehr als ein kontinuierliches Suchen, Probieren, Formulieren. Was entsteht, ergibt sich aus zahlreichen Spielarten fließender Malerei, nach und nach, mit Umwegen möglicherweise, Stockungen auch. Unfertig bleibt was Bild wird bis zuletzt, folgt es doch keinem abgeschlossenen, sichernden Vorabentwurf; das Bild entwirft - und verwirft - sich vielmehr selbst beim Malen.

Mit dieser aus der Malbewegung resultierenden Form korrespondiert ein Farbzustand der Durchlässigkeit, der Relativität, der für fast alle Bilder kennzeichnend ist. Nur manche älteren, noch mit Acryl gemalten Arbeiten zeigen einen weitgehend opaken Farbauftrag. Das Gros der Bilder, vor allem die seit 2006 entstehenden, ausschließlich mit transparenter Eitempera gearbeiteten, bietet selbst in dunklen Partien oder mehrfach übermalten Zonen zumindest eine Restdurchlässigkeit. Farbe (und ihre Form) sind geprägt von Bewegungsmöglichkeiten, Atmung, Transparenzen, also dem Zusammenspiel mit anderem, vorherigem, einschließlich der Möglichkeit der Veränderung, vielleicht sogar einem minimalen Unfertig-Sein (es bleibt immer noch etwas zu tun, zu erwarten – es ist noch alles, vieles drin, noch nicht erschöpft). Und umgekehrt: nichts verschwindet ganz unter Übermalungen, die Ahnung eines vormaligen, anderen Zustandes bleibt erhalten; Malen so könnte man angesichts dieser Bilder sagen, handelt stets auch von Veränderung und Übergang, dem Unabsoluten der Mischungen, dem Zwischen als Lösung, ist nichts von Ausschließlichkeit. ...weiterlesen »